Eröffnung
Mittwoch 10.06.2015, 19 Uhr
Termine
21.7.2015, 19 Uhr
The very moment / der Augenblick - Zum Zeitbegriff in Wissenschaft und Kunst
Ein Gespräch mit Prof. Dr. Ernst Pöppel, Prof. Dr. Eva Ruhnau, Dr. Reinhard Spieler und Veronika Veit.
Moderation: Diana Ebster
Gegenwart I – Videoscreening
mit Künstlerbeiträgen zum Thema der Darstellung von Zeit im Künstlervideo
Gegenwart II – Videoscreening
mit Künstlerbeiträgen zum Thema der Darstellung von Zeit im Künstlervideo
In der Zweikanal-Videoanimation „The very moment“ der Künstlerin Veronika Veit erlebt der Zuschauer eine Szenerie, in der sich die Zeit ineinander faltet. Eine junge Frau, die sich in einem Zimmer bewegt, trifft sich scheinbar immer wieder selbst, Vorher und Nachher heben sich auf und existieren gleichzeitig.
Den ursprünglichen Anstoß zu dieser Arbeit lieferte ein Detail aus der amerikanischen Serie Breaking Bad: deren Hauptfigur, Walter White, ehemals erfolgreicher Forscher, dann einfacher Chemielehrer, beginnt nach seiner Krebserkrankung auf die schiefe Bahn zu geraten und Drogen herzustellen. Sein Deckname ist „Heisenberg“. Warum aber verwendet ein Chemiker den Namen eines Physikers? Und damit beginnt die Spur zum Zeitmodell der Unschärferelation, die der Quantenphysiker Werner Heisenberg erstmals formuliert hatte …
Das uns so selbstverständliche Empfinden einer fortlaufenden Gegenwärtigkeit in der Realität, als eigene kontinuierliche Präsenz, scheint es so nicht zu geben. Oder besser es gibt sie, aber nur als Konstrukt, denn durch die modernen Naturwissenschaften wird diese Vorstellung widerlegt. Auch die Neurowissenschaften belegen, dass in unserem Gehirn die Zeit nicht fließend, also nicht wie ein fortlaufendes Filmband verarbeitet wird, sondern in kleinen Einheiten, für die bestimmte Voraussetzungen gelten, um sie als Zusammenhang erkennen zu können.
Spätestens durch die Quantenphysik, die auf Max Planck zurückgeht, sind linearen Zeitmodellen abgelöst und hebt sich der Konflikt zwischen philosophischem und physikalischem Zeitdenken auf, denn in der Philosophie existierten längst nicht-lineare, unterschiedliche zeitgleiche, verschachtelte und nicht causal gedachte Zeitmodelle. Damit verbunden haben auch die Geschichtswissenschaften und die Psychologie neue Denkmodelle entwickelt, in denen nicht nur Zukunft unbestimmt ist, sondern auch vermeintlich faktische Vergangenheit veränderbar und flexibel ist.
Was aber bedeutet dies existentiell für uns, wenn es um unsere Fähigkeit zu sein, wahrzunehmen, zu denken und zu handeln geht?
In ihrer Arbeit „The very moment“ hat Veronika Veit dafür eine komplexes Bild als Vorlage für diese Fragen geschaffen, in die man fasziniert von ihrer Bildwelt eintauchen kann, deren Spuren aber nach Außen führen: zur Befragung des eigenen Zeitmodells, zur Auseinandersetzung mit den dazu herrschenden Diskussionen oder zu weiteren Arbeiten anderer Künstlerinnen und Künstler und deren Zeitvorgaben. Die Ausstellung „The very moment“ und ihre Veranstaltungen schaffen dafür den Raum.