Vortrag und Gespräch zur Konstruktion von mehrschichtigen Räumen. Mit dem Phänomenologen und Architekturwissenschaftler Franz Xaver Baier, dem Architekten Peter Haimerl und den Künstlern rasso rottenfusser und Oliver Westerbarkey. Moderation Diana Ebster.
„Mehrschichtige Räume“ entstehen einerseits, wenn wir den uns umgebenden Raum und seine Architekturen auf unterschiedlichen Ebenen und auf unterschiedliche Kontexte bezogen wahrnehmen. Es gibt aber auch Räume, die in sich bereits eine offene Mehrschichtigkeit mitbringen oder darauf angelegt sind, und eben darin besondere Potenziale bieten. Diese Räume wirken auf unsere Wahrnehmung und Kommunikation, unser Handeln und unsere Inspiration. So wird auch das MaximiliansForum - erweitert in der Kooperation MaximiliansForum + Ö - , als Raum und mit den Kunstprojekten, die es präsentiert, eines der Motive in diesem Gespräch sein.
Franz Xaver Baier ist ein deutscher Phänomenologe, Autor und Professor für Architektur. Seit 1998 hat er den Lehrstuhl für Art + Design Research an der Fakultät für Architektur der Hochschule München inne. Baier thematisiert mit wissenschaftlichen und künstlerischen Methoden das Phänomen „Lebensraum: worin wir leben“.
Peter Haimerl ist Architekt, seit 1991 mit eigenem Büro. Seit 2019 ist er Professor für Entwurf und Konzeption an der Universität für künstlerische Gestaltung Linz. Eines seiner viel diskutierten impulsgebenden Projekte ist das Konzerthaus in Blaibach. 2000/2001 hat er den letzten Umbau des MaximiliansForums realisiert.
rasso rottenfusser hat in München und Berlin Kunst studiert. Das menschliche Bauen und Gestalten – also Architekturen – und deren Verschränkung mit Kunst stehen im Zentrum seiner Arbeiten. In seinen künstlerischen Installationen, die Display, Skulptur und Architektur in eins setzen, schafft er ebenso „Vitrinen“ und Spielflächen für andere Künstler*innen oder einbezogene Objekte, wie aktivierenden Raum. Für deren Betrachter*innen und Nutzer*innen ergeben sich daraus skulpturale Situationen, die ihre Wahrnehmungsmechanismen hinterfragen. Gemeinsam mit Oliver Westerbarkey hat er für das MaximiliansForum die Ausstellung „Hotel Maya – aggregat M31“ konzipiert.
Oliver Westerbarkey studierte an der Akademie der Bildenden Künste München. In der Wechselwirkung von Illusion und Wirklichkeit treiben Westerbarkeys Arbeiten ihr Spiel mit ihren Betrachter*innen und verhandeln stets die künstlerische Fragestellung: „hört die Darstellung dort auf, wo Materie anfängt?“ Oliver Westerbarkeys lässig, akribisch arrangierte Naturstücke reflektieren unsere Wahrnehmung von Natur, thematisieren den Umgang mit ihr und schaffen schließlich eine Neuschöpfung von Natur.
im Rahmen der Ausstellung
HOTEL MAYA, aggregate M31
rasso rottenfusser | oliver westerbarkey
17.02. -24.04.2022
ein pavillon, als möglichkeit arbeitsansätze zu verbinden
in seiner künstlerischen arbeit greift rasso rottenfusser mit den mitteln der architektur in vorgegebene räume ein und erweitert diese durch die verbindung von konstruktion, proportion, material und exakter planung. für die ausstellung im maximiliansforum entwirft er einen begehbaren pavillon für zwei großformatige dioramen des künstlers oliver westerbarkey. dessen dioramen begegnen ihren betrachter*innen als aus naturobjekten und -materialien zusammengesetzte, großformatige natur-collagen. ihre raumfluchten und „modellwelten“ öffnen sich zu einer aussicht in unbestimmtes terrain.
klassische pavillons sind häufig in künstlich geschaffene natur gesetzt. sie erscheinen als ausstattung von parks und erholungsgebieten und werden als aussichtspunkte, als kleine cafes und restaurants oder kioske genutzt. das projekt „HOTEL MAYA, aggregat M31“ kehrt dies um, und lässt den pavillon zu einem nach innen gewandten, reflexiven aussichtspunkt werden, der jeden kommerziellen zweck negiert. in begleitenden veranstaltungen werden zudem die begriffe von raum, wärme, architektur und pavillon be- und verarbeitet.
der „pavillon als realverstärker“, den rasso rottenfusser als einen dreidimensionalen rahmen für vielfältige interventionen entwirft, ist als mobile und flexible architektur gedacht, die nachfolgend in verschiedenen verortungen weiter eingesetzt werden kann – etwa als kunst im öffentlichen raum, als begehbare skulptur in einer ausstellung oder in verbindung mit weiteren künstlerischen kooperationen. so kann der pavillon als sich kontinuierlich erweiternder, offener ort der begegnung und des austauschs wirken. im untergrund der strassenkreuzung in der maximilianstraße reflektiert er zudem den uns umgebenden urbanen lebens- und arbeitsraum.
oliver westerbarkeys darin eingebundene dioramen aus naturmaterialien – wie gras, steine und äste – leiten als nachgebaute künstliche tableaus vorgefundener realer situationen über zu fragen unserer konstruktionen von natur und kultur.
die ungewöhnliche architektonische verschränkung einer funktionalen unterführung und eines ausstellungsraumes, die der architekt peter haimerl bei seiner umgestaltung anfang der 2000er jahre neu angelegt hat, nimmt rasso rottenfusser auf und setzt diese fort. im tiefgeschoss des maximiliansforums versteht er seine raumskulptur als einen ruhe-, wahrnehmungs- und reflektionsapparat.